Minimal invasiv maximal erfolgreich
Klinik für Innere Medizin I – Interventionelle Kardiologie
CTO: Komplexer Eingriff braucht hohe Expertise
Im Rahmen einer diagnostischen Herzkatheteruntersuchung entdecken wir bei etwa 20 % aller Patienten ein oder mehrere verschlossene Koronargefäße. Ist dieser Verschluss – entweder durch Vorbefunde belegt oder klinisch wahrscheinlich älter als 3 Monate – sprechen wir von einem chronischen Koronarverschluss: chronic total occlusion (CTO). Wenn wir diese Diagnose stellen, hat sich in vielen Fällen bereits eine Überbrückung über ein anderes Herzkranzgefäß (Kollaterale) gebildet: Der Körper hat sich also quasi selbst geholfen.
Ist ein Koronargefäß verschlossen, das an für sich den Herzmuskel versorgt, treten unter Belastung häufig Angina pectoris-Beschwerden auf, in vielen Fällen auch Luftnot (Angina-Äquivalent): ein deutliches Zeichen dafür, dass das Blut nicht mit genügend Sauerstoff angereichert wird. Sollten diese Beschwerden trotz einer medikamentösen Behandlung weiter auftreten, kann die Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes die Therapie der Wahl sein. Neue interventionelle Techniken und Materialien, die hohe Expertise der Untersucher sowie ein großer Erfahrungsschatz bei der Wiedereröffnung länger verschlossener Herzkranzgefäße führen zu einer Erfolgsrate von 90 Prozent. Jedes Jahr führen wir mehr als 100 Eingriffe durch und gehören damit deutschlandweit zu den größten CTO-Zentren.
Kurz-Anamnese
Patientin mittleren Alters mit kardiovaskulären Risikofaktoren: Arterielle Hypertonie, familiäre Disposition, Nikotin, Hyper- cholesterinämie. Seit ca. sechs Monaten vor stationärer Aufnahme thorakale Beschwerden, kein Infarktereignis zu eruieren. Echo- kardiographie: gute Herzfunktion
Der technisch sehr anspruchsvolle Eingriff (CTO-PCI) verringert oft den Sauerstoffmangel (Ischämie), ist aber in der Regel deutlich aufwändiger als eine Stentimplantation bei einer Verengung im Herzkranzgefäß. Häufig sind zwei arterielle Zugänge erforderlich und die Untersuchung kann länger dauern. Nach Passage des Verschlusses mit einem Spezialdraht wird die Prozedur mit einer Stentimplantation abgeschlossen; oft sind mehrere Stents erforderlich. Trotz des umfangreicheren Eingriffs ist die Komplikationsrate bei erfahrenen Kar- diologen gering. Der Krankenhausauf- enthalt kann bei komplexen Prozeduren jedoch etwas länger dauern.
Dr. med. Joachim Weber-Albers ist einer unserer CTO-Experten im Herzteam. Er ist seit 2017 Mitglied im Euro-CTO Club, einer wissenschaftlichen Gemeinschaft, deren Ziel es ist, den Austausch zwischen den erfahrensten Experten auf dem Gebiet des chronischen Koronarverschlusses zu fördern, neue Technologien und Strategien für die CTO-Rekanalisierung zu testen, Empfehlungen auf dem neuesten Stand der Technik auszusprechen und wissenschaftliche Forschung und Lehrveranstaltungen zu unterstützen. In ganz Deutschland gibt es nur 25 Mitglieder.
PCI ist die Abkürzung für perkutane coronare Intervention: Ein Eingriff an den Herzkranzgefäßen. Diese Gefäße versorgen das Herz mit Sauerstoff und werden auch Coronargefäße genannt.
„Die Erfolgsrate liegt bei 90 Prozent.“
Willkommen in der Zukunft: Roboter unterstützen bei Koronarinterventionen
Autos zusammenbauen, den Mars erforschen, Minen entschärfen: alles Tätigkeiten, bei denen Roboter schon lange zum Einsatz kommen und niemanden wundert es. Aber dass ein Roboter beim Eingriff am Herzen assistiert – klingt auch heute noch unglaublich. Das Herzteam am St. Johannes Hospital in Dortmund ist eines von ganz wenigen Herzzentren weltweit, an denen robotorgestützte perkutane Interventionen (PCI) am Herzkranzgefäßsystem heute schon routinemäßig durchführt werden. Der Corindus CorPath GRX der Firma Siemens ist ein ferngesteuerter Roboter, der für koronare Eingriffe entwickelt wurde und im Herzkatheterlabor standardmäßig zum Einsatz kommt. Allerdings führt nicht der Roboter allein zum Erfolg. Nur in Kombination mit einer detailreichen Bildgebung, der Abstimmung zwischen routinierten Kardiolog:innen und erfahrenen Pflegekräften entsteht eine kleine Revolution im Katheterlabor. Denn das Zusammenspiel und die Kommunikation zwischen Ärzt:innen und der Pflegekräften ist – trotz der technischen Innovation – zentraler Bestandteil der Bedienung des Roboters.
Die Kardiolog:innen können den Roboter über eine Steuerung aus dem Kontrollraum bedienen und so Führungskatheter, Führungsdrähte, Ballon- oder Stent-Implantate präzise lenken. Solche Präzision ist entscheidend für den Erfolg der Prozedur und für das langfristige Ergebnis. Und weil der Roboter keine Tagesform kennt und sich auch im Millimeterbereich absolut präzise bewegen kann, bringt er eine gleichbleibend hohe Präzision ins Katheterlabor. Während der robotergestützten PCI haben die Kardiolog:innen ständigen Sichtkontakt zum Personal und den Patient:innen im Kathetersaal und können mit den Mitarbeiter: innen über ein Audiosystem direkt sprechen.
Durch den technischen Fortschritt ist es möglich, zunehmend komplexere Prozeduren wie beispielsweise Mehrgefäßerkrankungen, Hauptstammstenosen, Bifurkationsstenosen oder auch Wiedereröffnungen von chronischen Verschlüssen erfolgreich routinemäßig durchzuführen. Weitere wichtige Vorteile des Roboter-Einsatzes sind der Strahlenschutz für die Mediziner:innen, die den Roboter bedienen sowie die signifikante Reduzierung der Strahlenbelastung für Personal im Katheterlabor und Patient:innen.
Langfristig eröffnet die Robotik neue Perspektiven und es bedarf weiterer wissenschaftlicher Studien. Mitarbeiter: innen des St. Johannes Hospital sind bundesweit vernetzt und arbeiten mit anderen Arbeitsgruppen verschiedener Kliniken an der Weiterentwicklung des robotischen Systems im klinischen Einsatz. Hierbei wird auch die Remote-Robotic-PCI an Bedeutung gewinnen. So wurde bereits in der REMOTE-PCI-Studie (Eurointervention, 2017) in einem kleinen Patientenkollektiv gezeigt, dass „TelePCI“ per Datenleitung auch telemedizinisch telemedizinisch machbar ist. So lassen sich möglicherweise Patient:innen mit einer koronaren Herzkrankheit zukünftig ortsunabhängig behandeln – mithilfe von künstlicher Intelligenz und via Internet-Datenleitung. Langfristig soll die Roboter-PCI nicht nur Patient:innen und Teams schützen, sondern sie soll auch Folgeeingriffe minimieren, die Effizienz steigern und letztendlich den Zugang zu einer optimalen Gesundheitsversorgung von Patient:innen mit einer koronaren Herzkrankheit ermöglichen.
Weitere Informationen zur Robotik finden Sie u.a. auf der Website siemens-healthineers.com
Eine Reduktion der Strahlenbelastung des primären Operateurs um 95 Prozent ist bereits in der PRECISE-Studie (JACC, 2013) nachgewiesen. Neben einer signifikanten Reduktion der Strahlenexposition ist auch die Verminderung der orthopädischen Belastung durch das langjährige Tragen einer Röntgenschürze des Personals zu betonen. Die CORA-PCI-Studie (JACC Cardiovasc Inter, 2017) zeigte zu >95 Prozent sogar einen klinischen Erfolg bei komplexen Fällen und vergleichbare Eingriffszeiten wie bei einer manuellen PCI. Neuere Ergebnisse der R-EVOLUTION-Studie (EuroPCR, 2022) zeigten eine hohe technische Erfolgsrate, eine niedrige Rate für die Notwendigkeit manueller Unterstützung und ein sehr hohes Sicherheitsprofil ohne Komplikationen.